Am Samstag beginnen die Demonstrationen gegen (Massen-)Tourismus auf den Kanarischen Inseln. Doch wie sehr hängen die Kanaren überhaupt vom Tourismus ab? Das sind die aktuellen Zahlen, Daten und Fakten.
Die geplanten Demonstrationen richten sich nicht gegen Touristen an sich. Zumindest den Köpfen hinter dem Demo-Aufruf geht es insbesondere darum, die Politik wachzurütteln. Man wolle eine Diversifizierung der Wirtschaft und einen Stopp von Millionen-Subventionen erreichen, während die Einwohner in Wohnungsnot geraten. Außerdem solle die Natur vor immer neuen touristischen Bauprojekten geschützt werden. Doch wie genau lauten überhaupt die Fakten?
Ein Blick auf die Wirtschaftsdaten der Kanarischen Inseln zeigt, wie sehr der Archipel vom Tourismus abhängt. Und an welchen Stellen. Zudem wird klar: Die reine Kosten-Nutzen-Rechnung spricht für den Urlaubs-Sektor, nicht dagegen. Zumindest auf den ersten Blick.
So sehr hängen die Kanaren vom Tourismus ab
Mehr als jeder dritte Euro in der Kasse der Kanarischen Inseln stammt aus dem Tourismus. Genau genommen sind es 37 Prozent. Damit hängt das kanarische Bruttoinlandsprodukt (BIP) signifikant vom Urlaubssektor ab.
Unter anderem diese Abhängigkeit stört die Demonstrierenden, die ab dem 20. April eine Großoffensive gegen die bisherige Politik der Inseln angekündigt haben. Zudem seien immer neue Subventionen problematisch, da es aus Sicht der Demonstrierenden viele Probleme gebe, die mit diesem Geld gelöst werden könnten.
Der Blick auf den Haushalt zeigt allerdings: Die Ausgaben betragen lediglich 10,7 Prozent der Mittel. Rein rechnerisch betrachtet ist der Urlaubssektor damit kein Problem, sondern im Gegenteil sogar ein gutes Geschäft.
Kanaren: Milliarden-Gewinne durch Tourismus
Diese Daten wurden in einem Bericht mit dem Titel “Die Realität des kanarischen Tourismus heute und seine Entwicklung ab 2019” veröffentlicht. Dieser stammt von der Forschungsabteilung von “Promotur”. Das wiederum ist ein regierungsfinanziertes Unternehmen, das für die Bewerbung der Kanaren als attraktives Reiseziel zuständig ist. Entsprechend werden die Daten von einigen Demonstrierenden angezweifelt.
Die Tourismus-Allianz in Spanien, Exeltur, kommt allerdings zu ähnlichen Ergebnissen. Ihr zufolge “betrug der Beitrag des Tourismus zu den Steuereinnahmen auf den Kanarischen Inseln im Jahr 2022 bereits 3,44 Milliarden Euro, was fast 37 Prozent der Gesamteinnahmen ausmacht”.
Kanaren finanzieren mit Tourismus-Milliarden Gesundheitswesen, Bildung und mehr
Unterm Strich blieben im vergangenen Jahr etwa 2,26 Milliarden Euro Gewinn, die durch den Tourismus erwirtschaftet wurden, in den Kassen hängen. Diese seien “in Sektoren, wie das Gesundheitswesen, die Bildung aber auch in die Sozialversicherung geflossen”, berichtet Promotur.
Zwischen 2019 und 2023 stieg der durch den Tourismus erwirtschaftete Umsatz um etwa 20 Milliarden Euro. In der gleichen Zeit seien die Touristen-Zahlen “nur um 7,2 Prozent” gestiegen, formuliert es Promotur.
Zudem seien im gleichen Zeitraum rund 20.000 Arbeitsplätze durch den Tourismus entstanden. Bereinigt um den Pandemieeffekt sei die Anzahl der Arbeitsplätze, die direkt oder indirekt mit dem Tourismus verbunden sind, um etwa neun Prozent gestiegen. Mit indirekt touristisch verknüpften Arbeitsplätzen erreiche der Wert sogar die Marke von 30.000 Jobs.
Zahl der Armen auf den Kanaren sinkt trotzdem nicht
Während es auf den Kanarischen Inseln auch aufgrund des Tourismus so viele erwerbstätige Menschen gibt wie nie zuvor, bleibt der Anteil der in Armut lebenden Kanarios allerdings konstant.
Vier von zehn Personen arbeiten direkt oder indirekt im Tourismus-Sektor. Und doch leben 33,8 Prozent der Bevölkerung in Armut oder sind tendenziell von ihr bedroht. Nur Andalusien hat im innerspanischen Vergleich schlechtere Werte, die sich allerdings vor allem durch den Tourismus sukzessive verbessern.
Während die Kanarischen Inseln also signifikant vom Tourismus profitieren, schlägt sich das nicht in breitgestreutem Wohlstand für die Gesellschaft nieder. Bleibt es dabei, dass sich die Demonstrationen gegen diese Verteilung und den reinen Billigtourismus richten, könnten sie die Politik zu einer besseren Verteilung drängen. Mehren sich hingegen die Meldungen von Anfeindungen gegen einzelne Touristen und wird dieser Wirtschaftszweig gehemmt, würde das signifikante Probleme für die kanarischen Wirtschaft bedeuten. Mindestens kurzfristig.
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