Geld sei das Unwichtigste im gesamten Prozess, hat der Vater der verstorbenen Valeria schon vor Wochen zu Protokoll gegeben. Anderen Familien solle Leid und Schmerz erspart bleiben: “Wir wollen, dass der Gesundheitsdienst der Kanarischen Inseln seinen Fehler anerkennt.” Und das muss er nun.
Der Oberste Gerichtshof der Kanarischen Inseln (TSJC) sieht es als erwiesen an, dass der SCS für den Tod des Kleinkindes verantwortlich ist. Es sei ein schwerwiegender Fehler gewesen, die Schwangerschaft nicht als “Hochrisikoschwangerschaft” anzuerkennen.
Vor elf Jahren war Vanesa, die Mutter des später verstorbenen Babys, ins Universitätskrankenhaus der Kanarischen Inseln eingeliefert worden. Aufgrund der Autoimmunerkrankung Lupus erythematodes sollte geklärt werden, ob ihre Schwangerschaft als Hochrisikoschwangerschaft einzuordnen sei.
Das Ärzteteam kam zu dem Schluss, dass die Schwangerschaft keine gesonderte Betreuung nötig mache. Aus heutiger Sicht war diese Einschätzung fatal. Denn Baby Valeria starb.
Weiterer Todesfall eines Babys auf den Kanaren
Auch 2019 kam ein Baby ums Leben. Damals wurde ein Kaiserschnitt im Universitätskrankenhaus Nuestra Señora de Candelaria nicht rechtzeitig durchgeführt. Der vorliegende Fall ist jedoch weitaus tragischer.
Wäre die Erkrankung der Mutter ernster genommen worden, hätte eine intensivere Betreuung stattgefunden. Die schlussendliche Todesursache, eine Thrombose in der Nabelschnur, wäre möglicherweise nicht aufgetreten oder hätte nicht zum Tod des Kindes geführt, wie der TSJC nun feststellte.
Oberster Gerichtshof der Kanaren korrigiert vorheriges Urteil
Das vorliegende Urteil korrigiert nun ein anderes des Gerichts von Las Palmas de Gran Canaria. Laut dem damaligen Richterspruch sollte den Eltern eine Entschädigung in Höhe von 30.000 Euro gezahlt werden. Die Haftung war seinerzeit auf den so genannten “Verlust von Chancen in der Gesundheitsversorgung” beschränkt worden. Dadurch wurde lediglich der immaterielle Schaden berücksichtigt.
Das neue Urteil folgt der Argumentation der Familie. Dabei ging es um Inkompetenz, da die klinische Vorgeschichte der Schwangeren nicht berücksichtig wurde. Zwar wurde bei der Verteidigung im Prozess darauf Rücksicht genommen, während der medizinischen Betreuung in der Schwangerschaft hingegen nicht.
Tod eines Babys auf den Kanaren: Auch Hinweise der Hebamme wurden ignoriert
Außerdem sei zwischen verschiedenen Lupus-Erkrankungen zu unterscheiden. Eine Variante führe zu einer Risikoschwangerschaft, eine andere nicht zwingend. Ein Kommunikationsfehler habe zu einer Fehleinschätzung geführt. Außerdem seien Hinweise der Hebamme ignoriert worden.
Der dritte Grund für das neue Urteil berücksichtigt die Empfehlung zur Überweisung der Hebamme. Diese hatte gefordert die Schwangere an das entsprechende multidisziplinäre Ärzteteam zu überweisen. Dieses hätte den tödlichen Ausgang mutmaßlich verhindern können.
Die Schwangere sei schließlich in den Kreißsaal geschickt worden, obwohl der Puls des Babys niedrig gewesen sei. Die grundlegende Vorsichtsmaßnahme, zusätzliche Anstrengungen für die Mutter zu vermeiden, sei ignoriert worden, heißt es weiter.
Das Gericht sieht eine Fehlerkette als erwiesen an und hat die Entschädigung, die der Familie zu entrichten ist, auf 262.056,56 Euro inklusive Zinsen erhöht. Der Gesundheitsdienst der Kanarischen Inseln und auch der Versicherer können dagegen noch das Rechtsmittel der Berufung einlegen.
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Kanaren: Gesundheitsbehörde wegen Tod eines Babys verurteilt
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