Die Kanaren haben einen Durchbruch in der Hirn-Forschung erreicht. Erstmals ist es möglich, das Gehirn zu beobachten, ohne es zu beschädigen. Möglich macht das ein Implantat, das auf den Kanarischen Inseln entwickelt wurde.
Das neuartige Gerät wurde von einer Forschungsgruppe an der Universität La Laguna (ULL) auf Teneriffa entwickelt. Zum Einsatz kam es erstmals auf Gran Canaria. Das Implantat nutzt optische Technologien, um zu beobachten, wie der Blutfluss im Gehirn schwankt, wenn die beobachtete Person Bewegungen ausübt.
Die Technologie wurde unter dem Namen “Odin” veröffentlicht. Sie gilt als Schlüssel zum besseren Verständnis der Beziehung zwischen Motorik und Gehirn. Wie Odin entstand und funktioniert:
Gehirn-Forschung blickt auf die Kanaren
Der Chip arbeitet mit Elektroden für die Tiefen-Hirn-Stimulation (DPS) zusammen, wie sie in der neurologischen Forschung bereits regelmäßig eingesetzt werden. In Kombination tragen beide Geräte dazu bei, Aktivierungsmuster in der Großhirnrinde zu ermitteln – und das auf eine minimalinvasive Weise.
Die Technologie gilt als wegweisend, da sie dazu beitragen wird, künftig besser zu verstehen, wie das Gehirn eines gesunden Menschen mit der Bewegung seiner Muskeln und Gelenke interagiert. In der neurologischen Forschung gibt es dafür bisher wenig konkrete Erkenntnisse mit Gehirnen gesunder Menschen.
Odin-Projekt: Kanaren könnten Durchbruch bei Parkinson-Forschung einleiten
Estefanía Hernández Martín war in verantwortlicher Position an der Odin-Entwicklung beteiligt. Sie sagt, dass das Gerät die Wissenschaft in die Lage versetzt, gesunde Gehirne mit denen kranker Personen abzugleichen. Insbesondere in der Parkinson-Forschung könne das einen Durchbruch bedeuten.
Bei einem ersten Test wurde der Chip in das Gehirn eines lebendigen Schweins implantiert. Der Eingriff wurde am Universitätskrankenhaus von Gran Canaria vorgenommen. Schweine gelten in der Forschung als dem Menschen ähnlich genug, um konkrete Erkenntnisse aus dem Eingriff zu gewinnen.
Ein solcher Eingriff wurde zuvor nur einmal vorgenommen – in den USA. Dort wollten Forscher anormale Gehirnaktivitäten korrigieren. Auf den Kanaren geht es hingegen darum, die Aktivität eines gesunden Gehirns zu messen und dadurch besser zu verstehen.
Kanaren-Gehirn-Chip wird per minimalinvasiver Operation implantiert
Die dafür nötige Operation gilt als minimalinvasiv. Es wird ein kleines Loch in die Schädeldecke gebohrt. Durch diese Öffnung wird das Implantat eingesetzt. Im Anschluss decken die Ärzte das Loch ab und vernähen die Wunde. Es bleibt nur ein Anschluss unter der Haut, der später mit einem Computer verbunden wird.
Diese Methode kombiniert neurologische Medizin mit dem Ingenieurwesen. Um das zu ermöglichen, war Hernández Martín aus den USA auf die Kanaren zurückgeholt worden. Dort brachte sie ihre in Übersee erworbenen Erkenntnisse in die aktuelle Forschung mit ein.
Kanaren-Forschung kann Medizin maßgeblich beeinflussen
An der Entwicklung waren weitere Teams aus Deutschland, den USA und England beteiligt. Entstanden ist ein sogenanntes BCI, ein Brain-Computer-Interface, das eine direkte Kommunikation zwischen dem Gehirn und einem externen Computer ermöglicht.
Als Hauptziel von Odin gilt die Identifizierung von Aktivierungsmustern in der Großhirnrinde. Es soll die schnellen, hochpräzisen Signale messen, die von dort an die Muskeln gesendet werden. Auf diese Weise soll ein Modell der motorischen Kontrolle entstehen, das in Zukunft klinische Behandlungen und die technologische Entwicklung innerhalb der Medizin maßgeblich beeinflussen kann.
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Kanaren entwickeln weltweit ersten Gehirn-Chip
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