Die Bilder der Rauchsäulen über Teneriffa sind spektakulär. Sie zeigen die ganze Wucht der Flammen. Und sie zeigen auch, was sonst nicht zu sehen ist. Denn in dem Rauch befindet sich eine unsichtbare Gefahr.
Durch den Wind werden Mikropartikel teilweise über viele Kilometer weit getragen. Auch über die betroffenen Gemeinden hinweg. Und sie sind auch dort noch in der Luft, wo sie aufgrund der Verdünnung des Rauchs nicht mehr sichtbar sind.
Die Kanarischen Inseln verzeichnen daher die höchste, je gemessene Menge an Mikropartikeln der Größe PM1. Das ist Feinstaub von einer Größe unter einem Mikrometer. Er ist so fein, dass er sogar in den Blutkreislauf gelangen kann. Die Behörden sprechen von von einer “sehr ungünstigen” Luftqualität. Und geben einen Tipp.
FFP2-Masken gegen Feinstaub der Waldbrände auf Teneriffa
Denn gegen diese Art des Feinstaubs könne man sich am besten schützen, indem man unnötige Aufenthalte im Freien vermeide. Zudem sei es äußerst sinnvoll, in den betroffenen Gebieten vorerst nur mit FFP2-Masken nach draußen zu gehen.
Denn Partikel dieser Art seien so fein, dass sie Atemwegserkrankungen verursachen können. Wer solchen Feinstaub-Belastungen über Monate ausgesetzt sei, könne sogar Herzerkrankungen davontragen, teilten die Behörden auf den Kanaren mit.
PM1-Feinstaub kann für Menschen gefährlich werden
Bisher wurde die größte Menge dieser Partikel nachts und im Norden Teneriffas gemessen. In dem Gebiet also, das weiterhin unkontrolliert in Flamen steht. Am Montag wurden an der Station in Los Realejos, der einzigen festen Mess-Station im Norden Teneriffas, die PM1-Werte aufzeichnen kann, bis zu 453 Mikrogramm pro Kubikmeter gemessen.
In der Nacht lag die Konzentrationen im Süden ebenfalls hoch. Die mobile Einheit bei Árafo meldete um 3 Uhr morgens mit bis zu 98 Mikrogramm PM1-Partikel pro Kubikmeter Luft einen ebenfalls deutlich erhöhten Wert.
Kanaren melden bis zu 60 mal höhere Feinstaub-Belastung
Laut Sergio Rodríguez, Forscher am Institut für Naturstoffe und Agrarbiologie, gebe es “auf den Kanarischen Inseln normalerweise nur geringe Konzentrationen dieser Art von PM1-Partikeln”. Die übliche Maximal-Konzentration liegt auf dem Archipel bei weniger als sechs Mikrogramm pro Kubikmeter. So ist es derzeit auch auf Lanzarote der Fall. Auf La Palma wurden vier Mikrogramm registriert.
Als der Wind drehte, sank die Konzentrationen an der mobilen Einheit bei Arafo umgehend auf drei Mikrogramm pro Kubikmeter. Doch steht er ungünstig, werden bis zu 60-mal höhere Konzentrationen als üblich gemessen.
Feuer, Industrie und Verkehr sorgen für Feinstaub dieser Art
Dass es keinen gesetzlichen Höchstwert für PM1-Partikel gibt, liegt daran, dass die Mess-Technologie noch nicht ausgereift und verbreitet genug ist. Auch auf den Kanaren gibt es lediglich 13 Stationen, die Feinstaub dieser Art überhaupt nachweisen können. Bei La Orotava wurde daher kurzfristig eine mobile Einheit installiert, um nah am Brandgeschehen genauere Ergebnisse messen zu können.
Laut Experten werden PM1-Partikel nicht nur von Waldbränden wie dem auf Teneriffa, sondern auch von der Industrie und Autoreifen fahrender Pkw freigesetzt. Aus diesem Grund sei die Konzentration innerstädtisch besonders hoch. Vor allem dann, wenn an Industrieanlagen keine Filter verbaut seien. In Delhi (Indien) wurden im Herbst 2020 zwischen 200 und 300 Mikrogramm pro Kubikmeter nachgewiesen.
Studie zeigt Korrelation zwischen Feinstaub und Krankenhaus-Einweisungen
Als Faustregel gilt: Je kleiner der Feinstaub, desto größer die Gesundheitsgefahr. Insbesondere PM1-Partikel seien fein genug, um das Lungengewebe zu durchdringen und in den Blutkreislauf zu gelangen, wie Rodriguez erklärt. Bei monatelangem Einatmen, würden die Partikel sogar in den Nieren der Betroffenen nachgewiesen. Zudem könnten sie “Herzerkrankungen auslösen”.
Eine Studie aus dem Jahr 2017 wies nach, das es eine Korrelation von PM1- und PM2,5-Konzentrationen und Einweisungen in die Notaufnahmen chinesischer Städte gab. Etwa zwei Tage nach besonders hohen Werten seien stets mehr Menschen in die 28 Krankenhäuser der 26 Städte eingewiesen worden.
Während der Waldbrände: Teneriffa verzeichnet mehr Menschen mit Atemwegs-Problemen
Laut Gesundheitsdienst habe es auf Teneriffa keine Zunahme von Rauchvergiftungen gegeben. Allerdings seien mehr Menschen mit Augenerkrankungen oder Erkrankungen der oberen Atemwege in den Gesundheitszentren registriert worden. Insbesondere in den Gebieten La Orotava und Güímar habe man eine Zunahme festgestellt, hieß es.
Wegen der dort herrschenden PM1-Konzentrationen seien in den betroffenen Gebieten FFP2-Masken im Freien dringen empfohlen, teilten die Behörden mit. Echtzeit-Daten gibt es auf einer Website der Kanarischen Regierung.
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Zwischenbilanz: Hitze verhindert ein Ende des Waldbrands auf Teneriffa
Kommentare zu:
Waldbrand sorgt für beispiellose Feinstaub-Konzentrationen über den Kanaren
Very important article, among others. The English version of my question yesterday:
These extremely small micro dusts will also settle at buildings, streets etc., inspite of wind, or whirled by it. Especially in cities, that stuff may circulate by traffic for some time after the fires. Does somebody know of hints concerning this subject?
Dieser extreme Feinstaub wird sich ja auch ablagern. Trotz der Feuer und vor allem Passat-Winde. Besonders in den Städten dürfte das Zeug vom Verkehr noch eine (lange?) Zeit aufgewirbelt und verteilt werden. Gibt es bereits Hinweise zu diesem Thema?
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