Die jüngsten Unwetter über den Kanaren haben die Defizite im Städtebau des Archipels aufgezeigt. Viele Orte und Gemeinden sind künftigen Extrem-Wetterlagen nicht gewachsen.
Zu diesem Ergebnis kommt die Universität La Laguna auf Teneriffa, kurz ULL. Die Wissenschaftler dort beschäftigen sich mit dem Städtebau, Unwettern und den Auswirkungen des Klimawandels. Und sie attestieren den Kanaren, stellenweise unvorbereitet zu sein.
Ob überflutete Straßen auf Lanzarote oder bis ins Meer gespülte Autos auf Gran Canaria: Wenn richtige Unwetter über die Kanaren ziehen, kommt es örtlich zu satter Zerstörung. Und das ist zu Teilen hausgemacht, mein die ULL. Was die Forscher jetzt dringend raten:
So müssen sich die Kanaren auf Unwetter vorbereiten
Abel López ist Forscher an der ULL und Sprecher der spanischen Gesellschaft für Klimatologie. Für den Wissenschaftler wurden viele Städte auf den Kanaren „ohne Berücksichtigung der Risikovariable entworfen und geplant“. So seien „Häuser in problematischen Gebieten“ entstanden. Und das rächt sich nun.
Durch zunehmende Extrem-Wetterlagen würde jetzt langsam sichtbar, wovor Wetterforscher schon lange warnen: Häuser in oder sehr nah an Flussbetten zu bauen, war lange Zeit normal. Doch nun zeigt sich, dass sie alles andere als sicher sind.
Hinzu kommen „eine Reihe von Defiziten hinsichtlich der bestehenden Infrastruktur, etwa bei der Abwasserentsorgung“, sagt López. Denn die Kanaren verfügen zwar über ein deutlich besseres Katastrophen-Schutzsystem als andere Regionen, doch das allein genügt nicht.
Forscher: Kanaren-Unwetter werden extremer
Denn Bilder wie die Überschwemmungen und Verwüstungen auf Lanzarote würden immer normaler, sagt López. Zwar sei ein direkter Zusammenhang zwischen Klimawandel und Zerstörung bisher nicht bewiesen, es könne allerdings festgestellt werden, dass die Unwetter zumindest extremer würden.
Dass es immer mehr Betroffene gibt, liege auch am Bevölkerungswachstum. Denn immer mehr Flächen würden zugebaut. Durch mehr versiegelte Flächen habe der Niederschlag weniger Möglichkeiten, im Boden zu versickern. Auf Inseln wie Lanzarote oder Fuerteventura habe sich die Bevölkerung innerhalb von nur zwei Jahrzehnten verdoppelt. Und das habe Auswirkungen.
Neben mehr versiegelten Flächen seien auch viele Entwässerungssysteme unzureichend. Sie genügen im Alltag und bei normalen Regenfällen, sind jedoch nicht für stärkere Unwetter ausgelegt.
„Kanaren brauchen Risiko-Perspektive“
Der Forscher sieht die Notwendigkeit, den Blickwinkel zu verändern, um „mit einer Risikoperspektive“ auf die Gemeinen zu schauen. Im Städtebau müsse bewusst unter Risiko-Aspekten geplant werden. Nur wenn klar ist, welche Regionen besonders gefährdet sind, könne sicher gebaut werden.
Bisher würde diese Risikoanalyse häufig fehlen. Die veränderte Denkweise müsse jedoch schnell Einzug in die Planungen der Gemeinden halten. Mit verschiedenen Maßnahmen, müssten die Kanaren hin zu „resilienten Städten“ kommen, die durch gezielte Maßnahmen widerstandsfähiger werden. Das, zusammen mit immer feineren Frühwarnsystemen, sei der Schlüssel zu weniger Überraschungen und Zerstörung bei kommenden Unwettern.
Lopez hat dazu einen klaren Appell: „Die Kommunen müssen territoriale Nachhaltigkeit verinnerlichen. Das muss die treibende Kraft hinter der Art und Weise sein, wie wir unsere Städte künftig bauen.“
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Fotos: Sturm-Tief Oliver zieht über die Kanaren
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Unwetter-Schäden zeigen klare Defizite im Städtebau der Kanaren
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