Touristen werden auf den Kanaren immer wieder skeptisch empfangen. Signifikant kletternde Mieten bei nur langsam steigenden Löhnen stellen viele Einheimische vor existenzielle Herausforderungen. Das entlädt sich immer wieder auch in Tourismusfeindlichkeit. Jetzt gibt es auf Teneriffa einen neuen Fall.
In Palm-Mar bei Los Cristianos im Süden Teneriffas tauchten neue Slogans auf, die Touristen dazu auffordern, die Kanaren zu verlassen. “Tourist go home!” (“Touristen geht nach Hause”), ist dort zu lesen. Angelehnt ist die Aufforderung auf Schildern, die nach dem Zweiten Weltkrieg insbesondere in Ländern des Ostblocks zu sehen waren. Darauf zu lesen: “Ami – go home!”. Die Schilder richteten sich gegen die Anwesenheit von US-Streitkräften in einem Land.
Auf den Kanarischen Inseln gab es im vergangenen Jahr einen Vorfall, bei dem ein Urlauber von einem Einheimischen mit den Worten “Affe, geh’ nach Hause”, angeschrien wurde. Daraufhin hatte sich sogar die Politik eingemischt und klargestellt, dass die Kanarischen Inseln offen und dankbar für den Tourismus als wichtigstem Wirtschaftsmotor sind. Doch im aktuellen Fall gibt es weitere Botschaften, die die neue Tourismusfeindlichkeit einordnen.
Kosten reiben einige Kanaren-Anwohner gegen Touristen auf
Denn auf einem weiteren Graffito ist zu lesen: “Average salary in Canary Islands is 1200 €”. Die Botschaft lautet: “Das durchschnittliche Gehalt auf den Kanarischen Inseln beträgt 1200 Euro”. Wer auf den Kanaren derzeit ein Hotel buchen möchte, ist für ein Wochenende schnell die Hälfte davon los. Und wer eine Ferienwohnung sucht, kommt selbst bei günstigen Angeboten für einen Monat auf Preise im Bereich darüber.
Politische Entscheidungen, wie die Mietpreisbremse, sorgten dafür, dass immer mehr Wohnungen vom Mietmarkt verschwanden und der Ferienvermietung zugute kamen. Vermieter werden dort nicht reguliert. Die Folge für die Wohnungsmieten auf den Kanaren war jedoch, dass die Gesetze der Marktwirtschaft griffen und für steigende Preise bei den verbleibenden Wohnungen für Einheimische sorgten.
Tourismusfeindlichkeit: Kanaren-Politik ist gefordert
Entsprechend viele Einheimische geraten in finanzielle Schwierigkeiten. Junge Erwachsene müssten durchschnittlich 99,4 Prozent ihres Einkommens nur für die Miete aufbringen. Die Folge: Sie erhalten Unterstützung aus der Familie oder bleiben bei ihren Eltern wohnen. So steigt die Belastung der Familien weiter, während die Selbstständigkeit sinkt.
Auf den Kanaren entlädt sich der einhergehende Frust einiger Anwohner über deutlich steigende Lebenshaltungskosten an dem Sektor, der für rund 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) sorgt. Der Tourismus ist der wichtigste Wirtschaftsmotor und Arbeitgeber des Archipels. Und zugleich sorgen seine Sekundäreffekte für Preissteigerungen.
Anwohner auf den Kanaren: “Mein Elend, dein Paradies”
Im vergangenen Jahr durften sich 277.317 Arbeitnehmende auf den Kanaren über Gehaltserhöhungen von durchschnittlich 3,57 Prozent freuen. Die Lebenshaltungskosten stiegen im gleichen Zeitraum um 5,8 Prozent – also in etwa doppelt so stark wie die Gehälter.
Die Lage auf den Kanaren scheint verzwickt. Um eine Eskalation der derzeit meist passiven Tourismusfeindlichkeit zu verhindern, ist die Politik gefragt, die Relevanz des Tourismus einzuordnen. Ein weiteres Graffito fasst die Lage einiger Einheimischer so zusammen: “My misery, your paradise“ (“Mein Elend, dein Paradies”).
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“Mein Elend, dein Paradies” – Kanaren erleben neue Tourismusfeindlichkeit
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