Die Hälfte aller Strände und jedes zehnte Haus auf den Kanarischen Inseln werden vom Meer verschluckt. Das sehen verschiedene Szenarien durch Klimawandel-Effekte voraus. Die EU fordert daher nun beherztes Handeln der kanarischen Politik.
“Sofortige Maßnahmen” seien notwendig, wenn enorme materielle, wirtschaftliche und möglicherweise auch humanitäre Schäden abgewendet werden sollen, heißt es aus Brüssel.
Eine Anfang des Jahres vorlegte Studie der Kanarischen Inseln stützt Teile dieser These. Je nach globalen Klimaschutz-Bemühungen sehen die Szenarien für den Archipel teilweise düster aus. In dem Bericht “werden die gleichen Schlussfolgerungen gezogen, die die Europäische Union jetzt vertritt”, sagt José Antonio Valbuena. Er ist als Minister für die Pläne rund um den Klimawandel auf den Kanaren zuständig.
Via Twitter teilte der Politiker außerdem mit, dass die Inseln die in der Studie gewonnen Daten für “lebenswichtig” hielten. Es müssten Maßnahmen daraus abgeleitet werden, um die Stadtentwicklung an den Küsten der Kanaren vorzubereiten.
Klimawandel bedroht akut den Tourismus der Kanaren
Die kanarische Regierung schätzt, dass etwa 442.000 Menschen weniger als 500 Meter von den Küsten der Inseln entfernt wohnen. In dieses Gebiet fallen auch viele der wichtigen touristischen Regionen.
Der Klimawandel bedroht damit auch akut den Tourismus. Geraten die Hauptattraktionen Sonne und Strand in Gefahr, ist automatisch der wichtigste Wirtschaftsmotor der Kanarischen Inseln unter Druck.
Den Prognosen zufolge sind die östlichen Inseln Fuerteventura und Lanzarote stärker bedroht als die westlichen. Dennoch bedeutet ein Meeresspiegel-Anstieg für den gesamten Archipel ein Problem.
Klimawandel auf den Kanaren: 220.000 Menschen müssen umgesiedelt werden
Bis zum Jahr 2050 könnten 147 Strände verschwinden. 50 Jahre später werden dann bis zu 153 Playas vom Meer verschlungen. Experten schätzen, dass etwa 220.000 Menschen, also rund zehn Prozent der Anlieger, umgesiedelt werden müssten.
Wirtschaftlich betrachtet würden rund elf Prozent des Bruttoinlandsprodukts verloren gehen. Die Kassen der Kanaren hätten damit ein Haushaltsloch von 4,7 Milliarden Euro pro Jahr zu stopfen. “Außerdem müssen wir noch die Auswirkungen der Wüstenbildung, von Wasserknappheit oder die Kosten für die Bekämpfung neu auftretender Krankheiten einrechnen”, sagt Valbuena.
Klimawandel: “Irreparabler Schaden” für die Wirtschaft der Kanarischen Inseln
Nach Ansicht des Ministers sei der Schaden für die Wirtschaft der Kanarischen Inseln aller Voraussicht nach “irreparabel”. Aus diesem Grund müsse alles daran gesetzt werden, Szenarien wie dieses zu verhindern, um einem “Zusammenbruch” des Archipels vorzubeugen.
Demgegenüber stehen rund elf Milliarden Euro, die die Kanarischen Inseln investieren müssten, um den meisten Auswirkungen des Klimawandels entgegenzutreten. Für die Küsten seien dabei zunächst 179 Millionen Euro für Umbauten geplant. Hinzu kommen fünf bis zehn Millionen Euro für jährliche Zusatzarbeiten wie Reparaturen.
Kanaren kündigen Klima-Aktionsplan an – Deiche und Wehre denkbar
Die Kosten für die Maßnahmen bedeuten damit lediglich einen Bruchteil des potenziellen Verlusts, sollte nichts unternommen werden. Daher werde in Kürze der Klima-Aktionsplan veröffentlicht. “Es handelt sich um einen Plan mit mittelfristigen Maßnahmen. Wir müssen allerdings jetzt mit der Planung beginnen, um den nächsten Generationen eine Zukunft garantieren zu können”, sagt Valbuena weiter.
Angedacht sind Deiche und Wehre, um die direkte Gefahr des Meeres einzudämmen. Auch eine neue Landnutzungsverordnung sei denkbar, so dass besser und punktgenauer auf einen Anstieg des Meeresspiegels reagiert werden könne.
Kanaren müssen “Sprache der Natur” lernen
Im Gegensatz zu anderen Infrastruktur-Programmen seien diese Maßnahmen jedoch nicht in ein bis zwei Jahren sichtbar, kündigte der Politiker an. “Die nächsten zehn Jahre sind entscheidend.”
In dieser Dekade müssten die Pläne ausgearbeitet, wichtige Meilensteige formuliert und “Entscheidungen getroffen” werden. Es bedarf eines “Mentalitätswandels”. Denn “wir haben keine andere Wahl”, sagt der Politiker, als schnell “die Sprache der Natur” zu lernen.
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