20 Milliarden Euro Umsatz ist die Bilanz des Tourismus-Sektors im Jahr 2023. Während der Krise ging es einzig und allein darum, den Tourismus wieder zu beleben. Kaum zwei Jahre später übertraf er den vorherigen Umsatz-Rekord aus dem Jahr 2017 um satte drei Milliarden Euro.
In diesem Jahr deutet alles auf einen weiteren Tourismus-Rekord hin. Doch die Inseln erreichen bald eine natürlich Grenze. Zwar liegt die Auslastung nicht bei 100 Prozent, doch inzwischen ganzjährig sehr hoch. Und damit blickt selbst der Tourismussektor inzwischen kaum noch auf die Zahl der Ankömmlinge, sondern vielmehr auf das Geld, das diese vor Ort ausgeben.
Bislang blickt die Tourismusbranche zufrieden auf das laufende Jahr. War früher der Sommer eine eher maue Zeit, sind die Kanarischen Inseln heute selbst dann durchbelegt. Und im Winter gibt es kaum Konkurrenz. 2024 wird daher aus Sicht der Tourismusbranche ebenfalls neue Rekorde mit sich bringen. Doch das schmeckt längst nicht jedem.
Neue Tourismus-Proteste auf den Kanaren
Während der Präsident des Hotel- und Gaststättenverbandes Ashotel, Jorge Marichal, zufrieden auf die aktuelle Situation blickt und ebenfalls neue Umsatzrekorde für realistisch hält, kündigen sich neue Massenproteste an.
Die Macher der nach dem Beginn am 20. April 2024 benannten “20A”-Proteste kündigten für den Herbst neue Demonstrationen an. Die zentralen Forderungen sind das genaue Gegenteil dessen, was der Urlaubssektor derzeit forciert. Denn während Ashotel & Co. überlegen, wie sie den deutschen Markt weiter beleben können, seit der Krisenzeit kommen noch immer nicht so viele Deutsche auf die Kanaren wie potenziell möglich, fordern die “20A”-Demonstrierenden eine völlige Abkehr vom Massentourismus.
Für Marichal sind all das politische Nebelkerzen. Inforcasa sagt er, die Thematik sei von politischen Bewegungen konstruiert, um von anderen Themen abzulenken. Für Marichal sei der Protest “unkonzentriert”. Eigentlich sei das größte Problem der Inseln nicht der Tourismus, sondern die heillos veraltete und über Jahre vernachlässigte Infrastruktur.
“Der Tourist ernährt uns”
Die Bürgermeisterin von Mogán auf Gran Canaria, Onalia Bueno, wünscht sich derweil mehr Aufmerksamkeit für das Thema Migration. “Der Tourist ernährt uns direkt und indirekt”, sagt die Politikerin. Bevor gegen den Urlaubssektor demonstriert wird, solle lieber Druck auf Madrid ausgeübt werden, den Kanaren bei der Bewältigung der Flüchtlingssituation zu helfen.
Das Rathaus von Mogán hat als eine der tourismusreichsten Gemeinden der Kanaren ein existenzielles Interesse an anhaltendem Tourismus. Entsprechend sagt die erste Einwohnerin der Stadt, dass viele der Demonstranten gar nicht wüssten, was genau und wie wichtig eigentlich der Kanaren-Tourismus sei. Sie wünscht sich entsprechend mehr Vorsicht bei “den gesendeten Nachrichten” der Protestierenden.
Ferienwohnungen als Problem der Kanaren?
In einem Punkt sind sich beide gleichermaßen einig: Ferienwohnungen sollten stärker reglementiert werden. Marichal hat als Vertreter der Hoteliers ein großes Interesse daran, dass Ferienwohnungen stärker reglementiert werden. Und auch die Bürgermeisterin von Mogán sieht in der Thematik den einfacheren Packan.
Es müsse mehr Kontrolle geben und klarere Qualitätsstandards. Damit werde ein Teil der aktuell dem Tourismus umgewidmeten Wohnungen durch das Rater fallen. Das wiederum könne bereits zu mehr Wohnraum führen, lautet der Tenor. Und mehr bezahlbarer Wohnraum nahe den Ballungsgebieten ist eine der zentralen Forderungen der “20A”-Proteste.
Marichal spricht von “60.000 Häusern”, die für die touristische Vermietung umgewidmet wurden. Dies sei ein “großer Fehler” gewesen, unter dem die Einwohnerinnen und Einwohner der Kanaren nun leiden würden. Er sieht den Tourismus als Sündenbock, der herhalten müsse, um über das politische Versagen rund um diese Thematik hinweg zu täuschen.
Im Herbst wird sich zeigen, ob und welcher neue Tourismus-Rekord sich auf den Kanaren abzeichnet. Und in welche Kerbe die Politik auf den Kanarischen Inseln schlagen wird. Denn die Rekord-Umsätze dürften schnell in den nächsten Haushalt eingeplant sein. Ein Ende des Messentouismus wird politisch entsprechend kaum forciert werden.
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