So lange keine Erdbeben-Serien in kurzer Zeit ausbrechen, gebe es keinen Grund zur Beunruhigung. Mit diesem Hinweis zeigte der Direktor des Nationalen Geographischen Instituts (IGN) auf den Kanarischen Inseln, Itahiza Domínguez, Mitte der Woche noch demonstrativ Entspannung. Doch genau diese Erdbebenserien sind nun aufgezeichnet worden.
Inzwischen spricht Dominguez von einer “dichten” Erdbebenserie. Einige der Erdstöße fallen sogar in die Kategorien drei und vier. Innerhalb von nur zwei Tagen wurden rund 40 Erdbeben aufgezeichnet. Und sie alle konzentrieren sich um den Untersee-Vulkan Enmedio. Der gibt den Forschenden bereits seit Jahrzehnten Rätsel auf. Bis jetzt.
Schon im Februar 2023 hatte es an dieser Stelle 111 Erdbeben gegeben. Damals zeigte sich die Wissenschaft äußerst interessiert, konnte jedoch keine Erklärung finden. Und nun bebt die Erde in dem Gebiet erneut. Diesmal gibt es allerdings Sonden.
Stärkstes Erdbeben auf Gran Canaria seit 60 Jahren
Domínguez besteht noch immer darauf, dass für Anwohnende und Besuchende der Kanarischen Inseln keine Gefahr von den oft spürbaren Erdbeben ausgehe. Und doch ist von der Entspannung aus der Wochenmitte inzwischen weniger zu spüren.
Domínguez sagt, dass es in den kommenden Tagen zu weiteren, spürbaren Erdbeben kommen könne. Allerdings handle es sich um etwas, “mit dem wir leben müssen”. Größere Schäden auf den Kanaren, insbesondere auf den angrenzenden Inseln Teneriffa und Gran Canaria, erwarte er nicht.
Erst kurz zuvor hatte das stärkste Erdbeben seit mindestens 60 Jahren den Norden Gran Canarias zum Zittern gebracht. Ob es einen Zusammenhang mit der Erdbewegung zwischen den beiden Haupt-Kanareninseln gibt, ist auch den Wissenschaftlern bislang unklar.
Erdbebenserie vor den Kanaren am Vulkan Enmedio
Laut dem Seismologen sei es möglich, dass durch ein Beben an einer Stelle, Spannungen an anderen Stellen entstehen und sich dort entladen. Zum aktuellen Zeitpunkt sei es also sogar möglich, dass der Erdbebenschwarm lediglich eine Art Reaktion auf das Beben auf Gran Canaria sei. Dies zu beweisen sei allerdings “schwierig”.
Die aktuellen Bewegungen zwischen Teneriffa und Gran Canaria seien als seismische Serie zu verstehen, also viele kleine Erdbeben, die jeweils als eine Art Schwarm zusammengehören. Dieser Begriff werde üblicherweise in Zusammenhang mit vulkanischer Aktivität verwendet, sagt Domínguez.
Auch im aktuellen Fall sei dies möglich – insbesondere, da in der Nähe der Untersee-Vulkan Enmedio liege. Dennoch gehe das IGN auf den Kanaren nach Sichtung aller Dater derzeit von Bewegungen der Erdkruste aus. “Auch wenn wir nicht zu 100 Prozent sicher sein können, dass die Serie nicht mit der Aktivität des Vulkans Enmedio zusammenhängt.”
Rätsel um Untersee-Vulkan vor den Kanaren soll gelöst werden
Derzeit erhofft sich das IGN nähere Einblicke aus den Daten des Projekts “Guanche”. Im Zusammenhang mit dieser Forschung wurden mehrere Sonden unter Wasser platziert. Da Erdbeben in diesem Gebiet meist in Tiefen von 30 bis 40 Kilometern entstehen, sei es wichtig, näher an den Meeresboden heran zu kommen, um die seismologische Aktivität dort besser aufzeichnen zu können und zu verstehen.
Zudem soll mit den Daten ein seit drei Jahrzehnten unbeantwortetes Rätsel gelöst werden. Die Wissenschaft auf den Kanaren kann bisher nicht sagen, ob der Vulkan im Laufe der Zeit oder durch eine große Eruption entstand. Die Daten der Sonden sollen bei der Beantwortung helfen. Und möglicherweise auch Aufschluss zu den Erdbeben zwischen den Kanarischen Inseln geben, die den Forschenden ebenfalls seit vielen Monaten Rätsel aufgeben.
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Kanaren-Erdbeben: Das große Rätsel um den Vulkan Enmedio
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