Die Kritik ist laut. Und sie kommt von einer ungewöhnliche Seite: Vier Monate nachdem die Regierung der Kanarischen Inseln einen Gesetzentwurf vorgelegt hat, der Ferienwohnungen künftig regulieren soll, nutzen viele Anbieter die Gelegenheit und widmen ihre Wohnungen schnell noch um. Mit touristischer Vermietung können viele von ihnen deutlich mehr verdienen als mit dem normalen Mietgeschäft. Zudem ist die Gesetzeslage moderater.
Der Wohnraum auf den Kanarischen Inseln wird damit noch knapper. Und das führt – trotz Mietpreisbremse – vielerorts zu teils absurd hohen Mieten. Viele der Demonstrierenden aus den jüngsten Anti-Massentourismus-Protesten gehen auf die Straße, da sie sich keine Wohnung mehr leisten können. Und das angekündigte Gesetz verschärft die Situation zusätzlich.
Grundsätzlich ist der Vorstoß der kanarischen Regierung nachvollziehbar. Eine Regelung des Mietmarkts für touristische Wohnungen kann dabei helfen, dass der normale Wohnraum nicht weiter verknappt wird. Durch die Ankündigung und anschließende Lethargie jedoch nutzen derzeit viele Menschen die Gelegenheit, ihre Wohnung noch vor Inkrafttreten des Gesetzes umzuwidmen. Die zuständige Gesellschaft beschuldigt die Regierung nun sogar, eine regelrechte “Lawine” ausgelöst zu haben. Denn das ist die Folge:
Kanaren registrieren 1000 neue Touristen-Wohnungen in nur vier Wochen
Auf den Kanarischen Inseln wurden zuletzt innerhalb eines Monats 1024 neue Touristen-Wohnungen mit etwa 9100 Betten angemeldet. Und schlimmer als das, melden sich bei der zuständigen Vereinigung inzwischen sogar Bauträger, deren Objekte grade erst in die Planungsphase gehen.
Auf den Grundstücken hat der Bau noch gar nicht begonnen. Doch bevor das neue Gesetz in Kraft tritt, wollen viele Immobilienbesitzer noch schnell an die begehrte Lizenz kommen. Denn wer sie hat, soll sie vorerst behalten dürfen – sofern die Immobilie die Bestimmungen erfüllt.
So viele Touristenwohnungen (VV) gibt es auf den Kanaren
Das “Kanarische Fremdenverkehrsregister” hat nun seine aktuellen Daten vorgelegt Demnach gibt es derzeit auf den Kanaren 61.170 Wohnungen oder Häuser mit der touristischen Lizenz Vivienda Vacacional. Das bedeutet insgesamt 256.684 Betten für Touristen außerhalb der Hotels.
Damit sind innerhalb eines Jahres rund 92.000 neue Betten für Touristen hinzugekommen. Damals war angekündigt worden, dass es einen Gesetzentwurf geben soll. Die Zahl der touristischen Betten war zuvor über Jahrzehnte sukzessive gestiegen. Allein seit der Ankündigung stiegt sie damit um knapp 36 Prozent.
Viele Ferienkomplexe werden nur für Touristen gebaut
Auf den Kanaren wird derzeit etwa jede zweite Wohnung bewusst für die touristische Vermietung gebaut. Dahinter stecke Großinvestoren und keine Familien, die sich mit einer Einzel-Immobilie für die Zukunft absichern wollen.
Die Präsidentin der Kanarischen Vereinigung für Ferienhäuser (Ascav), Doris Borrego, kritisiert das. Sie spricht von einer deutlichen Zunahme der Anfragen nach Tourismus-Lizenzen. Insbesondere Großinvestoren, die auf Profit-Maximierung aus seien, würden entsprechende Anfragen stellen, sagt sie.
211.000 leere Wohnungen auf den Kanaren?
Dennoch sieht Borrego eine andere Verantwortlichkeit. Für sie sei die kanarische Regierung durch die Ankündigung, künftig keine Lizenzen mehr ausgeben zu wollen, der Grund für den explosionsartigen Anstieg. “Mangelnde Weitsicht” sei das Problem.
Zudem würden mehr als 211.000 Immobilien leer stehen. Dies sei ebenfalls die Folge schlechter Politik. Denn viele Vermieter hätten Angst vor dem viel zu strengen Mieterschutz-Gesetz und würden lieber auf Mieteinnahmen verzichten als die Wohnung auf dem Markt anzubieten. Und das seien keine “Lasten der Ferienvermietung”.
Borrego sagt: “Wir kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Es ist die Regierung selbst, die das verursacht hat, indem sie im Oktober ein Gesetz mit einem möglichen Moratorium ankündigte.” Dabei habe ihre Vereinigung sogar Hilfe angeboten. Auch eine Einladung zum Präsidenten der Kanarischen Inseln sei die Folge gewesen. Stattgefunden habe das Treffen dann jedoch nicht.
Der Gesetzentwurf zur Regulierung von Ferienwohnungen auf den Kanarischen Inseln war im April, etwa sechs Monate nach der Ankündigung, vorgelegt worden. Nach mehreren Debatten wird er derzeit überarbeitet. Die Ministerin für Tourismus, Jéssica de León, wird aller Voraussicht nach in den kommenden Wochen daraus resultierende Änderungen vorstellen.
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