Die Kanarischen Inseln gelten als eine der kinderfreundlichsten Regionen Spaniens. Doch immer öfter richtet sich diese Offenheit an fremde Kinder. Denn die Geburtenrate auf den Kanaren sinkt deutlich.
Im ersten Quartal kamen in Spanien 78.535 Kinder zur Welt. Die monatliche Geburtenstatistik des Nationalen Statistikinstituts INE sieht für die Kanaren einen Rückgang von 13,32 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Demnach wurden nur 535 Kinder geboren. Das ist die zweitniedrigste Zahl seit Beginn der Datenerhebung. Lediglich der gleiche Zeitraum im Jahr 2021, mitten in der Covid-Pandemie, unterbot diesen Wert.
Damit sind die Kanarischen Inseln die Autonome Gemeinschaft Spaniens mit dem stärksten Rückgang der Geburtenrate im Zeitraum von 2017 bis 2021. Die Geburtenrate sank in dieser Zeit um 22 Prozent. Spanienweit hingegen ging sie nur um 16 Prozent zurück. Was Experten dazu sagen.
Auf den Kanaren leben 2,5 Mal mehr Haustiere als Kinder
Im Jahresdurchschnitt kommen auf den Kanarischen Inseln noch etwa 13.000 Kinder zur Welt. Das sind rund 19 Prozent weniger als früher. Damit gehören die Kanarischen Inseln inzwischen zu den Regionen mit den niedrigsten Geburtenzahlen Spaniens.
Das INE zählte auf den Kanaren im Jahr 2022 knapp 273.000 Kinder und Jugendliche bis 14 Jahre. Der Nationale Verband der Tierfutter-Hersteller (Anfaac) kam derweil auf auf rund 428.500 Hunde. Das bedeutet eine Rate von etwa 1,6 Hunden pro minderjährigem Einwohner der Kanarischen Inseln. Bei diesem Wert liegen die Kanaren wiederum über dem nationalen Durchschnitt.
Im Jahr 2023 kommt das kanarische Tierregister auf 580.701 Hunde, 94.911 Katzen, 6506 Pferde und 4913 sonstige gemeldete Tiere. Damit leben in den Haushalten der Kanaren zweieinhalbmal mehr Tiere als Kinder. Und in der Folge gibt es in der Provinz Santa Cruz de Tenerife, also auf den westlichen Kanaren-Inseln, mit 588 auch wesentlich mehr Tierärzte als Kinderärzte (160).
Experten sehen Wirtschaft als einen Grund für sinkende Geburtenraten
Als Begründung für diese Entwicklung haben Experten verschiedene Ansätze. Zum einen gehe es um tendenziell mehr Freiheiten mit einem Haustier als mit einem Kind. Zum anderen seien Tiere wirtschaftlich betrachtet deutlich günstiger aufzuziehen als Kinder.
Bei rasant steigenden Lebenshaltungskosten können sich viele Paare Kinder nicht mehr leisten. Psychologen sehen in einem Haustier eine Möglichkeit der Kompensation. Auch daher gebe es Personen, die ihr Haustier vermenschlichen, mit ihm sprechen und es behandeln wie ein Kleinkind, heißt es aus Mediziner-Kreisen.
Kanaren: Tier-Industrie legt deutlich zu
Davon profitiert die Tier-Industrie: Tierkliniken meldeten zuletzt Umsatzsteigerungen von mehr als sechs Prozent. Und das ist kein regionales Phänomen: Spaniens Veterinärsektor erzielte 2022 einen Umsatz von 2,3 Milliarden Euro.
Die Königliche Gesellschaft für Hunde in Spanien (RSCE) errechnete, dass ein Hund derzeit etwa 105 Euro pro Monat kostet. Das bedeutet pro Jahr etwa 1205 Euro. Wer mit einem Haustier die Lücke eines eigenen Kindes zu füllen versucht, liegt rein rechnerisch betrachtet also tatsächlich günstiger.
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Geburtenrate sinkt weiter: Auf den Kanaren gibt es mehr Hunde als Kinder
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