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Experte erklärt: Auf die Kanaren auswandern? Das müssen Sie beachten!


Wer den Wohnsitz auf die Kanaren verlagern möchte, muss vieles beachten. Um beim Finanzamt ein böses Erwachen zu vermeiden, sollten Sie sich genau erkundigen. Unser Experte Dr. Rainer Fuchs klärt auf.

– zuletzt aktualisiert: – Lesedauer: 6 Minuten 0 Leserkommentare bei Teneriffa News

Der Melde-Wohnsitz ist eine Schlüsselfrage für alle Residenten, die längere Zeit in Spanien leben. Sie spielt für viele wichtige Fragen eine Rolle. Egal, ob es um das anzuwendende Erbrecht geht, den Arztbesuch, den Führerschein, das Arbeiten im Homeoffice – oder um die Steuer.

Mit der spanischen Steuerbehörde ist nicht zu spaßen. Das musste jüngst auch eine sehr bekannte kolumbianische Sängerin leidvoll und äußerst kostspielig erfahren. Nun ist leider die Feststellung, wo denn der steuerliche Wohnsitz im Sinne der Gesetze und Regelungen beider Staaten liegt, alles andere als einfach. Denn es kommt nicht auf die Formalien an, also wo Sie wann gemeldet sind.

Entscheidend ist vielmehr, wo Sie im Sinne des Steuerrechts “ansässig” sind. Das ist, vereinfacht gesprochen, Ihr Lebensmittelpunkt. Doch wo liegt der eigentlich? Ist er für mich als Deutscher nicht immer Deutschland? Oder schon dann Spanien, wenn ich dort gemeldet und registriert bin? Das beantwortet der folgende Beitrag:

Kanaren: Wohnsitz und die spanische Steuer

Viele Residenten verschließen angesichts dieser schon begrifflichen Unsicherheiten die Augen und unternehmen nichts. Bis das spanische Finanzamt sie mit einer Nachforderung für die vergangenen vier bis fünf Jahre unsanft weckt. Das reale Beispiel einer armen, reichen Sängerin dienst als Anschauungsmaterial und Warnung.

Nach vier Jahren harter, vergeblicher Verhandlungen der Anwälte mit den spanischen Steuerbehörden, wurde die Künstlerin wegen Steuerhinterziehung in Barcelona angeklagt. Acht Jahre und zwei Monate Haft sowie eine Geldstrafe von 23,5 Millionen Euro forderte die spanische Staatsanwaltschaft.

Bis zuletzt hatte sich die Sängerin für unschuldig erklärt. Dann jedoch, am 17. November 2023, dem Tag des Prozessbeginns, stimmte sie einer Einigung mit der Staatsanwaltschaft zu: Die Multi-Millionärin gestand ihre Schuld ein und akzeptierte eine Freiheitsstrafe von drei Jahren, die sie jedoch nicht antreten muss. Stattdessen wird die Künstlerin 7,3 Millionen Euro zur Wiedergutmachung des Schadens überweisen. Hinzu kommt eine Zahlung von 432.000 Euro. Zuvor hatte sie bereits 17 Millionen Euro Steuern und Zinsen nachgezahlt.

Dauerurlaub auf den Kanaren: Steuerpflicht in Spanien nach 183 Tagen vor Ort

Was wurde der Sängerin vorgeworfen? Sie soll in den Jahren 2012 bis 2014 nicht wie vorgegeben im Steuerparadies auf den Bahamas, sondern an mindestens 183 Tagen des Jahres in Spanien gelebt haben. Damit wäre sie dort steuerpflichtig gewesen. Sie bestreitet dies, da sie bekanntermaßen viel in der Welt unterwegs gewesen sei.

Die Staatsanwaltschaft hatte jedoch rund 120 Zeugen aufgeboten, die bestätigen sollten, dass die Sängerin zu ihrem Lebensmittelpunkt und ihrer Ansässigkeit falsche Angaben gemacht und damit in den Jahren 2012 bis 2014 das spanische Finanzamt um knapp 14,5 Millionen Euro betrogen habe. Sie sei 2011 zu ihrem Partner, einem bekannten spanischen Fußballspieler, nach Barcelona gezogen. Doch als steuerlichen Wohnsitz habe sie die Bahamas angegeben.

Die Künstlerin ist nicht die Einzige, auf die der spanische Fiskus ein Auge geworfen hat. So musste ein Fußballprofi zwölf Millionen Euro Steuern nachzahlen und konnte eine Haftstrafe nur durch Zahlung einer viertel Million Euro abwenden. Ein anderer musste im Jahr 2018 satte 18,8 Millionen Euro Steuern nachzahlen. Und für die Künstlerin ist die Sache noch nicht ausgestanden: Sie muss mit einer weiteren Anklage wegen hinterzogener Einkommen- und Vermögensteuer in Höhe von 6,7 Millionen Euro im Jahr 2018 rechnen.

Spanische Steuer: Was müssen deutsche Residenten auf den Kanaren beachten?

Nur die wenigsten Menschen werden einen weiteren Wohnsitz im einem “Steuerparadies” vorweisen können. Meist liegt dieser doch eher in Deutschland, wo insgesamt ähnliche Steuersätze gelten wie in Spanien. Auch wird es nicht so schnell um mehrstellige Millionenbeträge gehen. Allerdings liegt der Spitzensteuersatz in Spanien mit 52 Prozent merklich höher als in der Heimat. Dort gelten 46 Prozent.

Wird aufgedeckt, dass jemand in Wahrheit in Spanien steuerpflichtig war, kann die spanische Steuer der letzten vier bis fünf Jahre nachgefordert werden. Das sind unter Umständen beträchtliche Beträge. Außerdem drohen in Spanien besonders hohe Strafzahlungen, wenn die Steuer nicht ordnungsgemäß erklärt wurde – ganz abgesehen von möglichen Haftstrafen.

Können Sie dann wenigsten die in Deutschland gezahlte Steuer zurückverlangen? Der deutsch-spanische Steuerrechtsexperte, Rechtsanwalt Abogado Frank Müller, hält das für eine Einzelfall-Entscheidung, in dem die genauen Umstände, die Zeitdauer und möglicherweise auch das Verhalten des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen sind.

Insgesamt erscheint es dem Experten fraglich, denn der Aufbau einer vorsätzlichen Konstruktion zur Vermeidung von Steuern im Ausland mit nachfolgenden Rückerstattungsansprüchen bei deren Fehlgehen könnte den auch vom Bundesfinanzhof anerkannten Grundsätzen von Treu und Glauben widersprechen. Lassen Sie es also lieber nicht darauf ankommen!

Wie können deutsche Kanaren-Residenten die spanische Steuerfalle vermeiden?

Das deutsch-spanische Doppelbesteuerungsabkommen sowie die nationale spanische Gesetzgebung legen fest, dass es für die Steuerpflicht – vereinfacht gesagt – darauf ankommt, in welchem Staat überwiegend gelebt wird, wo also der Lebensmittelpunkt liegt. Im Steuerrecht wird statt vom Wohnsitz von der “Ansässigkeit” in dem einen oder anderen Staat gesprochen.

Dies wird im Normalfall mit der 183-Tage-Regel festgestellt: Wo der Steuerpflichtige mehr als die Hälfte des Jahres gelebt hat, müssen die Steuern gezahlt werden. Der brave Deutsche wird sich in diesem Fall mit dem “modelo 030” bei seinem zuständigen Finanzamt anmelden. Außerdem wird er mit dem “modelo 720” seinen Besitz in Deutschland erklären, sofern dessen Wert 50.000 Euro übersteigt.

Das alles hat nichts zu tun mit der Anmeldung bei der Gemeinde (empadronamiento) und der nach drei Monaten Aufenthalt vorgeschriebenen Registrierung bei der Ausländerbehörde (registro). Beides sagt bekanntlich nichts aus über die “Ansässigkeit” oder den wahren Lebensmittelpunkt, kann jedoch von den Finanzbehörden als Indiz für eine Ansässigkeit herangezogen werden, das dann vom Betroffenen widerlegt werden muss.

Auch die N.I.E., die wohl jeder besitzt, der sich etwas länger in Spanien aufhält, ist nur die spanische Steuernummer für Ausländer. Sie ist Voraussetzung für fast jede wirtschaftliche Betätigung – von der Eröffnung des Bankkontos bis zur Zahlung der Stromrechnung.

Sie sagt jedoch nichts über Ansässigkeit und Wohnsitz aus. Allerdings haben Sie bei der Beantragung der N.I.E. ein Feld angekreuzt: “residente” oder “non residente”. Dabei sollten Sie darauf achten, gegebenenfalls “non residente” anzukreuzen, um nicht in den Fokus der Steuerbehörde zu geraten.

Lebensmittelpunkt Kanaren: Wie wird die 183-Tage-Regel in Spanien ermittelt?

Sind die Finanzbehörden erst einmal auf einen möglichen Steuersünder aufmerksam geworden, sind sie in ihrer Ermittlung inzwischen äußerst findig. Sie untersuchen die Strom- und Wasserrechnungen, Bankauszüge und Kreditkartenabrechnungen. Deshalb sollten alle Reisen nach Deutschland und zurück nach Spanien genau dokumentiert und Reisebelege unbedingt verwahrt werden.

Im Fall der Sängerin hat die Staatsanwaltschaft die Zeugen benannt, nachdem die Ermittler intensiv in der Umgebung recherchiert hatten: Sie befragten Nachbarn, Visagisten, Friseure, Gynäkologen und Tanzlehrer – um nur einige zu nennen.

Doch selbst wenn Sie danach auf mehr als 183 Tage in Spanien kommen, ist nicht alles verloren. Sie können Ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland auch dadurch nachweisen, dass Sie besonders enge Bindungen nach Deutschland haben. Primär geht es um eine Berufstätigkeit in Deutschland, auch im Homeoffice.

Wichtig ist allerdings auch der private Bereich: So können Ehepartner und Kinder im deutschen Eigenheim leben, pflegebedürftige Eltern zu betreuen sein, Mitgliedschaften in Vereinen bestehen, auch Parteiämter wahrzunehmen sein, regelmäßig deutsche Ärzte aufgesucht werden. Die Liste ist nicht vollständig und kann zu erweitern sein, wenn die Beispiele nur die enge Beziehung zu Deutschland belegen, wo sich der “Lebensmittelpunkt” befinden muss.

Die berühmte (Schein-)Wohnung bei den Kindern in der Heimat ist hingegen keine gute Idee. Im Ernstfall ist eine solche Briefkastenadresse wertlos. Hilfreich kann jedoch eine “Ansässigkeitsbescheinigung” des deutschen Finanzamts sein, die dem spanischen Fiskus allerdings nicht immer genügt.

Steuerfalle Langzeiturlaub auf den Kanaren? Das Experten-Fazit

Wer eine deutsche gesetzliche Rente bezieht oder bei der Ausländerbehörde registriert ist, muss damit rechnen, Post vom Finanzamt zu erhalten. Spanische und deutsche Steuerbehörden tauschen ihre Erkenntnisse aus.

Wenn Sie das Gefühl haben, Ihren Lebensmittelpunkt in Spanien zu haben, doch vom Fiskus noch nicht angeschrieben wurden, stellt sich die Frage, wie Sie sich verhalten sollten. Ob die spanische Steuer unter Berücksichtigung des Doppelbesteuerungsabkommens für Sie nachteilig ist, kann nur ein Steuerberater in Gänze beurteilen.

Wenn Sie weiter unter dem Radar bleiben wollen, denken Sie daran, dass an Ihren Lebensmittelpunkt weitere Rechtsfolgen geknüpft sind, wie die Vermögen- und Erbschaftsteuer. Und die Frage, ob deutsches oder spanisches Erbrecht gilt. Letztes kann posthum zu großen Streitigkeiten führen, da im spanischen Erbrecht zum Beispiel Ehepartner gegenüber den Kindern stark benachteiligt werden.

Der Autor dieses Beitrags, Rechtsanwalt Dr. Rainer Fuchs, war viele Jahre an der Deutschen Botschaft in Madrid tätig. Er kennt die Probleme deutscher Residenten aus eigener Erfahrung und hat ein Standardwerk für Deutsche in Spanien verfasst: "Sorgenfrei leben unter Spaniens Sonne". Der Experten-Ratgeber ist in aktualisierter 4. Auflage und auf mehr als 300 Seiten erweitert erschienen. Erhältlich ist der Ratgeber im Buchhandel und hier bei Amazon.


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Experte erklärt: Auf die Kanaren auswandern? Das müssen Sie beachten!

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