“Töte einen Touristen”, fordert ein Graffiti auf Teneriffa. Gerichtet ist es an niemand speziellen. Der Schriftzug soll abschrecken. Und das gelingt. Denn schon jetzt fühlen sich immer mehr Menschen auf den Kanarischen Inseln immer weniger willkommen.
Der Schriftzug im Süden der Insel wurde schnell verdeckt. Das ist sinnbildlich für die aktuelle Politik der Kanarischen Inseln. Die Kritik wird möglichst aus dem Weg geräumt, während das Geld des Tourismus, der inzwischen 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausmacht, gern angenommen wird.
Die Kanarischen Inseln sind auf Urlauber angewiesen. Nie gab es so viele Arbeitsplätze auf den Inseln und zugleich so viel Geld. Und daher fühlt sich die Politik von der Kritik gestört. Sie gänzlich zu ignorieren ist jedoch ein großer Fehler. Denn es führt zu einem zunehmenden Auseinanderdriften der realen Politik und der Forderung vieler Einwohner.
Kanaren-Politik und Tourismus-Kritiker driften auseinander
Je mehr Menschen sich finden, gegen etwas zu demonstrieren, desto schneller kippt die Stimmung wenn sie ignoriert werden. Geschehen ist das in vielen Ländern während der Coronakrise. Egal ob es damals richtig oder falsch war: Die kanarische Politik hätte aus dieser Dynamik für künftige Konflikte lernen können. Stattdessen begeht sie den Fehler, den Massentourismus, den immer mehr Menschen auf den Inseln ablehnen, zugunsten des nächsten Haushalts sogar aktiv zu fördern.
Nüchtern betrachtet ist der politische Kurs sogar nachvollziehbar. Denn wo historisch wenig Arbeitslosigkeit herrscht, scheint es vordergründig bergauf zu gehen. Die Verantwortlichen übersehen dabei jedoch einen wichtigen Baustein: Die Unzufriedenheit wächst auf beiden Seiten.
Nicht nur Einwohner fordern weniger Touristen, sondern auch zunehmend mehr Urlauber. Sie stehen auf überfüllten Straßen im Stau, werden mit Bussen oder Mietwagen zu vollen Sehenswürdigkeiten gekarrt und liegen an immer volleren Stränden.
Unser Redaktionspostfach ist voll mit Leserbriefen, die davon berichten, den Kanarischen Inseln nach zehn, 15 oder 25 Jahren endgültig den Rücken zu kehren, da es zu voll werde und keinen Spaß mehr mache.
Kanaren brauchen nachhaltige Konzepte, um junge Urlauber zu überzeugen
Dazu muss die Frage erlaubt sein, wer nachrücken soll, wenn Alten gehen und die Jungen gar nicht erst kommen. Die “Generation Z” ist bei der Wahl ihrer Urlaubsorte wählerischer geworden. Die Welt steht ihr nicht nur sprichwörtlich offen. Wer also auch in Zukunft Touristen anziehen möchte, sollte nicht durch Überfüllung in die Schlagzeilen drängen, sondern mit nachhaltigen Konzepten.
Sonne und günstige Hotels waren gestern. Es genügt nicht mehr, Straßenbahnen und Flughäfen mit schönen Fotos aus längst vergangenen Tagen zu pflastern. In Zukunft müssen sich Urlaubsziele mit Ideen um potente Touristen bewerben.
Hatten die Massentourismus-Kritiker auf den Kanaren etwa recht?
Die Quintessenz? Vielleicht hatten die ursprünglichen Kritiker ja recht. Die anfänglichen Forderungen lauteten sinngemäß: Sorgt für eine Politik, die Tourismus mit Augenmaß auf die Inseln holt. Vermarktet uns teurer und zieht dafür weniger Menschen an, denen es egal ist, wo sie einfach nur günstig am Strand liegen.
Ob die Kassen dann genauso voll wären? Ungewiss! Doch recht sicher müssten Urlauber dann jetzt zumindest nicht befürchten, dass früher oder später jemand ernst macht und geschmacklosen Forderungen wie diesen folgt:
Sehen Sie dazu auch:
“Töte einen Touristen”: Geschmackloses Graffiti erschreckt Teneriffa-Urlauber
Kommentare zu:
Die Kanaren-Politik ist schuld an der wachsenden Tourismus-Feindlichkeit
Die Kommentar-Funktion steht exklusiv unseren Abonnentinnen und Abonnenten zur Verfügung. Hier finden Sie unsere Angebote. Wenn Sie bereits einen Account haben, können Sie sich hier einloggen.