Nach mehrstündiger Reise und schwer bepackt ist die zweite Heimat endlich erreicht. Und dann passt der Schlüssel nicht ins eigene Schloss. Vorfälle wie dieser klingen nach einem mittelmäßigen Film-Beginn. Doch die spanische Polizei musste regelmäßig zu entsprechenden Einsätzen ausrücken – und hatte vor Ort zunächst oft keine Handhabe.
Hausbesetzer sind in Spanien über Jahre von einer Gesetzeslücke geschützt worden. Die spanische Verfassung schreibt vor, dass jeder Bürger das Recht auf eine Wohnung hat. Verbrachten die “Okupas” erst einmal 72 Stunden in einer Wohnung, genossen sie einen gewissen Schutz und konnten nur durch einen langwierigen Prozess aus der Immobilie vertrieben werden. Doch damit ist nun Schluss.
Die Kriminalität rund um die Okupas hatte in den vergangenen Jahren bereits mafiöse Zustände erreicht. Es gab inzwischen Clans, die leerstehende Objekte ausgespäht, in Beschlag genommen und dann Lösegeld von den Besitzern erpresst hatten.
Hausbesetzer in Spanien: Handhabe für Guardia Civil und Nationalpolizei
Ein besonders dreister Fall ließ das ohnehin schon prall gefüllte Fass endgültig überlaufen: Anfang September wurde bekannt, dass eine Frau in Madrid die von ihr zu pflegende Rentnerin nach deren Tod heimlich hatte einäschern lassen. Als die Verwandten von einer Nachbarin auf den Fall aufmerksam gemacht wurden, forderte die Pflegerin 15.000 Euro, damit sie die Wohnung verlässt. Die spanische Generalstaatsanwältin Dolores Delgado hatte daraufhin einen Gesetzentwurf angekündigt, der diese Gesetzeslücke mindestens deutlich verkleinern sollte.
Der Minister für Sicherheit, Rafael Pérez Ruiz, folgte dem Entwurf und verabschiedete ihn noch am selben Tag mit sofortiger Wirkung. Damit haben Guardia Civil und Nationalpolizei nun eine Handhabe gegen Okupas und können freier gegen sie vorgehen.
Hausbesetzer auf den Kanaren: Besitzverhältnisse sind entscheidend – auch Touristen werden geschützt
Für eine schnelle Räumung bleibt allerdings entscheidend, ob ein Objekt einen klaren Eigentümer hat. Ist es verlassen und die Eigentumsverhältnisse sind ungeklärt, muss weiterhin auf einen richterlichen Beschluss gewartet werden. Gibt es hingegen klare Besitzverhältnisse, geht es künftig viel schneller.
Ist die Polizei in einem solchen Fall erst einmal eingeschaltet, muss ein Hausbesetzer einen Nachweis erbringen, dass er rechtmäßiger Besitzer der Immobilie ist. Geschieht dies nicht, liegt nicht mehr wie bisher eine Ordnungswidrigkeit vor, sondern eine Straftat. Gegen diese können die Ordnungskräfte auch ohne richterlichen Beschluss vorgehen. Das gilt auch im Fall von Zweitwohnsitzen und schützt somit auch Touristen mit einer Ferienwohnung in Spanien.
Neu ist zudem, dass Hausbesetzer auch für angerichtete Schäden zur Rechenschaft gezogen werden können. Dafür muss jedoch nachgewiesen werden, dass der Schaden tatsächlich auf den oder die Täter zurückgeht. Zudem muss die Person in der Lage sein, diesen zu begleichen. Ob dieser Teil, der Gesetzesänderung praktikabel ist, werden die ersten Präzedenzfälle zeigen.
Kanaren / Spanien: Auch Nachbarn können gegen Hausbesetzer vorgehen
Dieser Zusatz soll vornehmlich vor besonders skurrilen Auswüchsen schützen. In Deutschland war vor rund zwei Jahren der Fall eines Hamburger Steuerberaters publik geworden, der seine Finca auf Mallorca besetzt vorfand. Nachdem die Polizei verständigt war, musste der Mann dabei zusehen, wie die Okupas seinen Fernseher aus der Finca trugen, um ihn zu verkaufen. Eine Handhabe hatte er seinerzeit nicht.
Um derlei Probleme künftig zu vermeiden und auch einem Zeitspiel einen Riegel vorzuschieben, ermöglicht es das neue Gesetz auch, dass Nachbarn oder Verwalter in Abwesenheit der eigentlichen Besitzer die Räumung einer besetzten Immobilie anstoßen können. Die App “AlertCops” der spanischen Regierung soll dabei helfen, unkompliziert die richtige Stelle zu erreichen.
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