Die Kanarischen Inseln haben viele Lehren aus der Pleite von Thomas Cook im Jahr 2019 gezogen. Entsprechend werde die Insolvenz des deutschen Reise-Giganten FTI die Inseln diesmal nicht so hart treffen. Jéssica de León, Tourismusministerin der Kanaren, sendete am Tag nach der Nachricht eine Botschaft der Ruhe. Allerdings sind weiter viele Fragen zu klären.
Die größte Sorge betroffener Hotels lautete, dass sie wie nach der damaligen Insolvenz erneut die Mehrwertsteuer auf bereits geleistete Arbeiten abdrücken müssen, für die sie aufgrund der Insolvenz jedoch nie bezahlt werden. Bei der damaligen Pleite wurde das zum existenziellen Problem für viele Unternehmen (mehr dazu hier). Doch diesmal werde man anders agieren, um die gleichen Fehler nicht zu wiederholen, sagte de Léon.
Die Pleite trifft die Kanarischen Inseln zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Die Hochsaison ist grade vorüber und Reiseveranstalter zahlen meist etwa ein Quartal nachgelagert. So stehen derzeit viele Rechnungen aus. Zugleich haben bereits mehr als 100.000 Urlauber Reisen mit FTI für die kommenden Monate gebucht.
FTI-Pleite trifft nur einige Kanaren-Hoteliers
Ausstehende Zahlungen von FTI würden übernommen, wenn ein Betrieb versichert ist. Dies war bereits bei Thomas Cook der Fall und werde auch bei der FTI-Insolvenz entsprechend geregelt. Allerdings gibt es Betriebe, die für diese Eventualität noch immer nicht versichert sind. Diese können von der FTI-Pleite hart getroffen werden.
Der Präsident des Unternehmerverbands auf Teneriffa (CEOE), Pedro Alfonso, rief die kanarische Regierung dazu auf, “weiche Kredite” für betroffene Unternehmen und Lieferanten zu vergeben. Und die Regierung der Kanarischen Inseln signalisierte Bereitschaft.
De Léon kündigte an, bereits an Maßnahmen und Hilfen zu arbeiten. Dies gilt vor allem für die mehr als 1500 Beschäftigten in den Hotels, die FTI auf den Inseln betreibt. Die Zahl der Häuser, die FTI unter der Marken Labranda und Meeting Point auf den Kanaren vereint, variiert je nach Quelle. Die Gruppe hatte sich im Rahmen ihrer Verbindlichkeiten in Höhe von etwa eine Milliarde Euro und den Zahlungsschwierigkeiten bereits von ersten Unternehmen getrennt. In den vergangenen Stunden waren klärende Anfragen zu so dezidierten Themen beim insolventen Reiseanbieter jedoch in den Hintergrund gerückt.
Kanaren: Tourismus-Ministerin sieht FTI-Pleite ungleich kleiner als 2019
De Léon erklärte, dass die IGIC-Problematik durch ein von der Regionalregierung am 27. März 2022 erlassenes Gesetz, nicht mehr auftrete. Und doch hängen zahlreiche Unternehmen auf den Kanaren am Tropf der großen Reiseveranstalter.
Laut de Léon sei die Zahl jedoch geringer als zunächst angenommen. Zwar ist FTI der drittgrößte Reiseanbieter Europas, das Kanaren-Geschäft mache jedoch “nur drei Prozent unseres gesamten Tourismus aus”, sagte die Ministerin am Dienstag. “Mit der Insolvenz von Thomas Cook ist sie daher nicht vergleichbar.” Im vergangenen Jahr waren etwa 500.000 Urlauber mit FTI auf die Kanaren gereist.
Um die Mitarbeitenden der FTI-eigenen Betriebe abzusichern, sei Kurzarbeit denkbar. Man stehe bereits mit Madrid in Kontakt. Die Kanaren sehen die Zentralregierung in der Pflicht, da FTI auch in anderen Regionen, beispielsweise auf den Balearen, aktiv sei.
4000 FTI-Touristen derzeit auf den Kanarischen Inseln “gestrandet”
Gemeinsam mit dem Reiseveranstalter, der deutschen Botschaft und dem spanischen Flughafen-Betreiber Aena wolle man sich nun zunächst auf die etwa 4000 Urlauber konzentrieren, die derzeit über FTI auf den Kanarischen Inseln weilen. Erste Touristen verließen die Kanaren bereits am Dienstag.
Auf Fuerteventura gab es derweil mehrere Zwischenfälle, als Hotels um Sofortzahlung der gebuchten Zimmer baten, sich die Urlauber jedoch weigerten, zusätzlich zur bereits an FTI gezahlten Summe weitere Kosten zu tragen. Die Hotels forderten die Urlauber daraufhin zur Abreise auf.
Der Präsident des Arbeitgeberverbandes von Fuerteventura (Asofuer), Antonio Hormiga, kündigte daraufhin die Suche nach Lösungen an, um niemanden auf der Straße stehen zu lassen: “Die Situation ist hart und nicht angenehm”, sagt auch der Präsident der Föderation der Hotel- und Tourismusunternehmer (FEHT) von Las Palmas, José María Mañaricua.
Der Tourismus-Experte erklärte, dass die Hoteliers dringend ihr Geld eintreiben müssten, während Pauschalreisende zurück in der Heimat eine Rückerstattung aus dem deutschen Reisesicherungsfonds (DRSF) erhalten würden. Wer hingegen Flug und Hotel auf eigene Faust gebucht hat, ist nicht durch den Entschädigungsfonds versichert.
Kanaren: Andere Reiseveranstalter wollen FTI-Kontingente übernehmen
Unterdessen sorgen sich bereits mehr als 100.0000 Urlauber, die in den kommenden Wochen und Monaten mit FTI auf die Kanaren reisen wollten, um ihren Urlaub. Die TUI Group, DER Touristik und Schauinsland Reisen kündigten an, freie Slots, möglicherweise aber auch Bestands-Kunden der FTI-Gruppe, übernehmen zu wollen.
Hormiga zeigte sich entsprechend zuversichtlich, dass die FTI-Insolvenz zumindest für den Kanaren-Tourismus “in zwei oder drei Monaten” keine Rolle mehr spielen werde: “Dem Tourismussektor geht es sehr gut und es gibt ein großes Interesse daran, die Lücke zu schließen.” Auch für die beschäftigten in den FTI-Betrieben auf den Kanarische Inseln winkt somit eine weitere weitere Anstellung unter neuem Management.
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