Von Marlis Zoschke
Wer in den frühen 70er-Jahren nach Teneriffa kam und den Süden besuchte, hatte das Gefühl, die Zeit sei stehengeblieben. Doch dann sollte alles möglichst schnell moderner und interessanter werden.
Ein neuer und großer Flughafen sollte zusätzlich gebaut werden, da Los Rodeos bei jeder Landung Herzklopfen verursachte. Außerdem waren in Puerto de Santiago Eigentumswohnungen zu Spottpreisen geplant: 65 Quadratmeter, komplett eingerichtet, für 18.000 Mark.
Es war nur ein kleines Dorf mit einer Fischerkneipe und einer staubigen Piste, die vom Dorf zu unserer Wohnung führte. Am Strand befanden sich eine Bretterbude und ein Steinhaus. Es waren Restaurants, die von Inselrundfahrten lebten. Und die gab es täglich. Ab 14 Uhr wurde es dann wieder still. Das Essen war gut, einfach und sehr preiswert.
So wurde früher auf den Kanaren die Steuer ausgetrickst
Bei Pablo hieß es: “Kumma her, du kucken.” Man ging dann in die Küche, die Deckel von den Töpfen wurden gehoben, und man tippte auf irgendetwas. Bei Pancho fragte man: “Fisch oder Fleisch?” Für zwei Personen wurden dann zehn bis zwölf Mark für alles zusammen berechnet. Auch Hochprozentiges war preiswert. Und es war fast immer ein halbes Weinglas voll.
Wir haben uns damals sofort bemüht, Spanisch zu lernen. Denn einmal wollten wir uns mit den Menschen unterhalten können. Und dazu ist es eine Frage der Höflichkeit, sich anzupassen.
Wir haben uns gewundert, dass bei neuen Häusern immer eine Seite nicht gestrichen war. Es handelte sich um einen ganz legalen Steuertrick. Denn so war das Haus nicht fertig gebaut. Und unfertige Häuser kosteten keine Steuern. Es gab auch ein Gesetz, das im Todesfall immer nur die Kinder erbten. Die übriggebliebene Ehehälfte erhielt nichts. Hier waren die Frauen besonders benachteiligt, denn meist hatten sie keinen Beruf gelernt.
Gab es eine gute Seite der Diktatur auf den Kanarischen Inseln?
Jeder konnte sich sicher fühlen. Ging etwas verloren, nahm es niemand mit. Es wurde ordentlich zur Seite gelegt. Nur in solch einem Fall hat eine Diktatur etwas Gutes. Glücksspiele waren allerdings verboten. Die Polizei kam sehr oft in die Kneipe und hat kontrolliert. Es gab immer wieder ein paar Deutsche, die natürlich Geld auf dem Tisch liegen hatten. Doch selbstverständlich stand immer jemand an der Tür und passte auf. Denn auch der Wirt hätte eine Strafe bekommen.
Heute erinnert kaum noch etwas an diese Zeit. Umso wichtiger ist es, sich vor Augen zu führen, dass all das noch nicht lang her ist. Grade mal eine Generation. Teneriffa hat sich rasant verändert. Und vielen geht das vielleicht etwas zu schnell.
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Kommentare zu:
Insel der Glückseligen? Teneriffa hat sich stark verändert
Ich kenne das noch unten am Strand beim Pancho. Genau so war es – auch betreffend der Policia in unserer Anlage mit Lokal (Bar). Playa la Arena – Edif. Arenas Negras, Santiago del Teide. Damals haben wir 35.000 bis 45.000 DM für ein Apartment (ca. 35-40 qm) bezahlt – und war das teuer. Heutiger Wert etwa 140.000 bis 150.000 EUR pro Wohnung. Ja, es hat sich vieles verändert. Entsprechend sind die Mieten und Kosten gestiegen.
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